Kundenbeispiel mit 14 Führungskräften
In diesem Artikel berichte ich Euch über einen kürzlich veranstalteten Workshop zum Thema Führung. Hier schildere ich meine Vorgehensweise und berichte Euch die erreichten Ziele und noch offenen To-Dos.
Um was ging es in diesem Auftrag?
Der Auftraggeber ist eine Führungskraft, die seit 2 Jahren den Werkstattbereich des kommunalen Wirtschaftsbetriebes leitet. Unter seiner Leitung befinden sich zwei weitere Hierarchieebenen – die Bereichsmeister und die Gruppenleiter. Dem Auftraggeber war es ein großes Anliegen, die Mannschaft als solche einzuschwören, auf ein gemeinsames Ziel zu committen und Leitplanken für die gemeinsame Führungsarbeit festzulegen.
Die Wahrnehmung der Führungsaufgaben auf den Ebenen Bereichs- und Gruppenleitung erscheint verbesserungswürdig, da die Rollen zwar besetzt, aber nicht ausreichend gelebt werden. Verantwortlichkeiten werden delegiert oder nicht nachhaltig wahrgenommen bzw. nur auf Nachfrage und dann auch nur auf diese begrenzt ausgeübt. Führung soll zukünftig stärker proaktiv erfolgen und die Aufgaben nachhaltig wahrgenommen werden. Im Werkstattbereich sind insgesamt 14 Führungskräfte verortet.
Führungsworkshop als gemeinsamer Startschuss
Im Auftragsklärungsgespräch, dass ca. 2 Monate vor dem Führungsworkshop stattfand, habe ich mir den Status-Quo in Sachen Führung und die Historie näher erläutern lassen. Mir war dabei nicht nur wichtig zu erfahren, wie sich die Führungskultur gestaltet, sondern auch, inwiefern meine Arbeit einen nützlichen Impuls liefern soll und kann.
Dabei stellte sich heraus, dass mein Auftraggeber sehr stark persönlich und in 1:1 Gesprächen immer wieder auf Missstände hinweist. Danach verbessert sich das Führungsverhalten für kurze Zeit, nur um dann wieder in alte Muster zu verfallen. Aus diesem Grund war der Wunsch des Auftraggebers, dass nun wichtige Führungsanker aus der Gruppe heraus entwickelt werden. Somit soll das Committment gesteigert werden.
Eine Vermutung, warum die Führungskräfte immer wieder in alte und bequeme Muster verfallen, war das fehlende Ziel, hinter dem sich alle Beteiligten wiederfinden können. Das sollte ebenfalls im Führungsworkshop behoben werden.
Ziele des Führungsworkshops und Agenda für die 2 Tage
Somit ergaben sich drei wesentliche Ziele für den 2-tägigen Führungsworkshop
- Festlegung eines gemeinsamen Ziels
- Erarbeitung von gemeinsamen Führungsankern
- Teambuilding und Eigenverantwortung stärken
Nach dem Auftragsklärungsgespräch bot ich dem Kunden einen Führungsworkshop an, der folgenden Dreiklang beinhaltete:
- „Meine Rolle als Führungskraft“
- „Wir im Führungsteam“
- „Ich als Person“
Ein Klärungsgespräch, das lediglich mit dem Auftraggeber stattfindet, hat die Herausforderung, dass alle Teilnehmenden zum Workshop-Tag die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme erkennen. Daher wurde vereinbart, dass der Auftraggeber die Kommunikationsrunden dafür nutzt, die Wichtigkeit zu verdeutlichen.
Ich setzte zu Beginn des Führungsworkshops einen Schwerpunkt auf die persönliche Beteiligung aller und versuchte zügig die Haltung jeder Person in Sache Führung für alle transparent zu machen. Erstens kommen alle Beteiligten schnell zu Wort und fühlen sich gehört. Zweitens zeigt es tieferliegende Diskussionspunkte sofort auf.
In der folgenden Tabelle erkennt ihr die Agenda für die 2 Tage. Während Tag 1 ganz im Zeichen der Arbeit stand, sollte an 2 Tag Teambuilding, Kennenlernen und das persönliche Engagement im Fokus stehen
AGENDA
Der Führungsworkshop fand außerhalb des Unternehmens statt und bot somit einen guten Rückzugsmoment, um sich auf diesen Workshop zu konzentrieren. Startpunkt war ein sogenannter Pulse-Check, der sich an den Ankern des internen Kompetenzmodells orientierte und mit Beispielitems versehen wurde. Diese Selbsteinschätzung sollte die Diskussion zwischen den Teilnehmenden eröffnen und tiefere Diskussionspunkte aufmachen. Dies geschah auch mit Erfolg.
Die Teilnehmenden tauten schnell auf und nutzen die Gelegenheit, um ihre individuellen Herausforderungen zu platzieren. Hier musste ich als Moderator darauf achten, dass alle ausreichend Wortbeitrag erhalten und die Diskussion in eine produktive Richtung geht. Dennoch habe ich es als großen Vorteil wahrgenommen, dass recht zügig eine Energie vorhanden war, die man für die weiteren Aufgaben nutzen konnte. Als Moderator finde ich es positiv, wenn die Gruppe energiegeladen startet und nicht erst zur Mitarbeit bewegt werden muss.
Im nächsten Schritt leitete ich die erste „echte“ Übung ein. Die Intervention heißt „Vom Problem zum Ziel“. Was hat es mit der Maßnahme auf sich? Viele Problemlösungsversuche scheitern in der Praxis daran, weil (gut gemeinte) Analyseversuche unter den Beteiligten sehr schnell zu Schuldzuweisung oder Schuldabwehr (Verteidigung) führen. Dabei wird Kreativität, Vertrauen und Zuversicht unterdrückt und eine Lösung oftmals unmöglich gemacht. Lösungsorientierte Methoden gehen von der Annahme aus, dass in jedem Problem, in jeder Beschwerde, auch in jedem Jammern ein Ziel als „Kehrseite der Medaille“ verborgen ist.
Probleme sind „verkleidete Ziele“ – diese gilt es für die Beteiligten herauszufinden. Sind die Ziele identifiziert und priorisiert, so ist eine Bearbeitung unter dem Fokus „Zukunft“ meist bei positiver Energie für alle Beteiligten möglich. Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz des Tools ist es, dass zuvor mit dem Team ein Konsens über ein übergeordnetes Ziel erzielt wurde. Damit wird die Zielrichtung zunächst als Rahmen grob festgelegt.
„Vom Problem zum Ziel“ folgt einer klaren Struktur. Zunächst geht es darum, dass die Beteiligten die subjektiv wahrgenommenen Probleme auflisten. Hierbei soll jeder gehört werden. Diese werden im nächsten Schritt in korrespondierende Ziele verwandelt. Das fällt vielen Teilnehmenden schwer und musste gut begleitet werden.
Ich unterstützte die Gruppen durch Kommentare und wies sie daraufhin, die Probleme möglichst konkret zu halten, sodass sie für alle nachvollziehbar und verständlich werden. In dieser Gruppe fanden sich hin und wieder Schlagwörter, wie z. B. Nachhaltigkeit. Diese Schlagwörter eignen sich perfekt, um sich dahinter zu verstecken. Außerdem würde niemand weniger Nachhaltigkeit verneinen. Hier galt es also den Korridor eng zu halten. Eine andere Richtung schlugen wir bei den Zielen ein.
Da in der Intervention „Vom Problem zum Ziel“ die Probleme in der Diskussion keine Rolle mehr spielen, galt es Ziele zu entwickeln, die breit genug sind, damit sich viele dazu committen können.
Die Gruppe arbeitete folgende vier Ziele heraus, die im weiteren Verlauf konkretisiert werden sollten
- Eigenverantwortung der Mitarbeiter
- Einheitliche Regeln bei Eskalationsthemen
- Prozess Gruppenleitung & Bereichsmeister
- Anweisungen besser erklären
Die Konkretisierung erfolgte Leitfragengestützt in Kleingruppenarbeit. In anschließender Diskussion sollte im Plenum Einigkeit hergestellt werden.
Hierbei zeigten sich zwei Phänomene. Erstens wurde die Genauigkeit der Ergebnisse immer kleiner, je stärker es um die individuelle Umsetzung ging. Die Teilnehmenden taten sich schwer dabei, eigene Verantwortungsschwerpunkte klar zu benennen. Das musste ich in der Moderation und der Auftraggeber diskursiv im Plenum nachholen. Zweitens zeigte sich, dass sich ein guter Zeitplan nach den Bedürfnissen der Teilnehmenden richtet und nicht umgekehrt.
Die benötigte Zeit für Diskussionen sorgte dafür, dass der erste Tag nicht nur Überlänge hatte, sondern auch ohne konkreten Maßnahmenplan endete. Einschränkend muss aber erwähnt werden, dass die Gruppe den Tag über gefordert wurde und eine zusätzliche Einheit den Rahmen gesprengt hätte.
Somit nutze ich die Verzögerung, um an Tag 2 die Ergebnisse von Tag 1 zu rekapitulieren und dann in einen Maßnahmenplan zu gießen. Aus den vier Zielen wurden insgesamt sechs Initiativen formuliert, die mit Verantwortlichkeiten und Deadlines versehen wurden.
Zwei weitere Ziele des Workshops waren das Formulieren von Führungsleitlinien und das Committment zu einem gemeinsamen Ziel.
Davor habe ich eine weitere Übung geschaltet, nämlich das Appreciative Inquiry oder wertschätzende Interviews. Die Grundidee hinter den wertschätzenden Interviews ist: In einem sozialen System gibt es etwas, dass gut funktioniert. Durch gezieltes in den Blick nehmen der positiven Elemente, entstehen Geschichten des Gelingens, die die Teammitglieder motivieren. Die Themen waren:
Themenkomplexe:
- Persönliches: Wie sind Sie zum Unternehmen gekommen? Was waren die ersten Eindrücke?
- Positive Erfahrungen: Suchen Sie sich ein Beispiel für eine herausragend positive Erfahrung im Zusammenhang mit Ihrem Beruf oder Ihrer Aufgabe, die Sie gemacht haben. Erzählen Sie mir von diesem Erlebnis.
- Wertschätzung der Arbeit und der Person: Was tun Sie, um in Ihrem Beruf energiegeladen zu bleiben?
- Gedanken an die Zukunft: Was wird in 5 Jahren anders sein? Was haben Sie dazu beigetragen?
Diese Einheit fand in 2er Gruppen statt und öffnete den Korridor für die Diskussion der Leitlinien. Die Teilnehmenden legten folgende Schwerpunkte fest:
- Zuhören/Offenes Ohr haben
- Hilfestellung geben
- Einigkeit im Führungsteam erzeugen
- Lösungsorientierung zeigen
- Vorbildfunktion zeigen
- Aufrichtigkeit/Ehrlichkeit/Objektivität
- Fingerspitzengefühl
Entscheidend war allerdings die Nennung eines konkreten Ziels. Aus den Reihen der Teilnehmenden entsprang das Ziel:
- Autos schnell und kostengünstig wieder auf die Straße bringen.
Ein zentraler Moment des Workshops und ein Knotenlöser für die Führungsarbeit. Neben der Tatsache, dass alle sich hinter diesem Ziel vereinen konnten und wollten, sorgte es auch dafür, dass die zuvor genannten Leitplanken mit Leben gefüllt und auf das Ziel ausgerichtet werden können. Nun ist es keine Frage mehr, ob ich richtig oder falsch bzw. zu viel oder zu wenig führe. Die Teilnehmenden können sich individuell hinterfragen, welche Elemente sie wie stark nutzen, um das Ziel zu erreichen. Ein großer Erfolg!
Führungsworkshop – Was passierte noch? Was fiel hinten runter? Wie geht es weiter?
An Tag 2 habe ich eine Teambuilding-Maßnahme der besonderen Art geplant. Als Breakout-Session sollten drei Kleingruppen eine Eisstiel-Brücke bauen. Diese Abwechslung tat der Gruppe sichtlich gut und motivierte sie. Im Vorfeld wurden sowohl die Ressourcen zum Bau der Brücken klein bzw. nicht für alle ausreichend und gleich gehalten als auch die Zeit sehr knapp bemessen. Dieser provozierte Druck sollte das Verhalten in solchen Situationen zeigen. Jede Gruppe schaffte es, nach 70 Minuten eine Brücke nach bestimmten Parametern zu bauen. Es zeigte sich aber Folgendes:
- Die einen planen zu lang – Die anderen planen zu wenig
- Die Aufgabenstellung wird nicht komplett nachvollzogen
- Die knappen Ressourcen werden gerne „gebunkert“ – „Besser haben als brauchen“
- Kreativität entsteht im Prozess
- Die Zeit wird falsch eingeschätzt
- Die Einteilung „Wer macht was“ ist suboptimal
Natürlich sollte der Spaß hier nicht zu kurz kommen. Dennoch reflektieren wir den Ablauf und das Verhalten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass spielerische Ansätze sehr oft besser verfangen als die Aussprache von offensichtlichen Aspekten.
Was fiel im Führungsworkshop hinten runter?
Die TN sollten im letzten Schritt, mit Hilfe der WOOP-Methode (Wish, Outcome, Obstacle, Plan) Ziele und konkrete Vorhaben festzulegen, die Sie nach dem Workshop angehen wollen. WOOP ist eine wissenschaftlich fundierte mentale Strategie, mit der Menschen ihre Wünsche finden und erfüllen, Präferenzen festlegen und ihre Gewohnheiten ändern können.
Auch wenn es für diesen Schritt noch Zeit gegeben hätte, sagte mir mein Gefühl (und auch das des Auftraggebers), dass die Luft raus sei. Produktive Ergebnisse wären aus meiner Sicht schwierig möglich gewesen. Außerdem hatten wir mit der gemeinsamen Zielsetzung und den Leitplanken die wichtigsten Schritte ausgiebig behandelt.
Wie sehen die nächsten Schritte nach dem Führungsworkshop aus?
Nach den zwei Tagen folgt die „harte“ Rückkehr in den Alltag. Es geht nicht nur darum, die besprochenen Initiativen umzusetzen, sondern sich auch persönlich an die Verabredungen zu halten. Dazu sollen die etablierten Kommunikationsformate zwischen Auftraggeber und Führungskräfte genutzt werden. Zwischen mir und dem Auftraggeber ist vereinbart worden, dass wir eine längere Session zur Rekapitulation der Fortschritte einplanen und in Kürze angehen.
Wenn Du das Beispiel interessant fandest und dich ähnliche Themen beschäftigen, dann melde dich gerne bei mir, um deine Lösung zu besprechen.
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