besserjetzt – 30 Minuten für deine berufliche Entwicklung
Folge 29: Was hat das Mitarbeitergespräch mit Arbeitsrecht zu tun?
Interview mit Fachanwältin Smaro Sideri
Zocholl: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge. Besser jetzt 30 Minuten für alle, die besser führen wollen. In der heutigen Folge begrüße ich mal wieder einen Gast und ich heiße Frau Smaro Sideri in meinem Podcast ganz herzlich willkommen. Sie ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und ausgewiesene Expertin.
Ihr Ziel ist das Thema Elternzeit, Teilzeit, generell Flexibilität im Unternehmen eben diesen Unternehmen näher zu bringen. Und von daher ist sie für mich auch eine der ersten Ansprechpartnerinnen, um mal über das Thema Mitarbeitergespräche zu reden. Von ihr möchte ich mir nämlich eine arbeitsrechtliche Perspektive einholen. Ich komme ja eher über die psychologische Schiene, die auf Zusammenarbeit, Kooperation und Motivation setzt.
Aber insbesondere in den Trainings bekomme ich immer wieder die Frage gestellt Was tue ich eigentlich, wenn der Mitarbeiter partout nicht mitziehen will? Eine gute Frage, wie ich finde. Und um da ein bisschen mehr Klarheit zu bekommen, habe ich sie in den Podcast eingeladen. Aber nun genug des Intros. Guten Tag und Hallo Frau Sideri
Sideri: Ja, lieber Herr Zocholl. Vielen lieben Dank für die Einladung hier in Ihrem Podcast. Ich freue mich sehr.
Zocholl: Ich möchte auch direkt mal mit ein paar allgemeinen Themen starten. Erklären Sie doch mal, warum braucht es 2023 eigentlich noch Personen, die für die Rechte anderer Menschen kämpfen?
Sideri: Nun ja, es ist halt so, dass die Arbeitswelt doch sehr unterschiedlich ist. Und je nachdem, wo man jetzt tätig ist, kann man das vielleicht tatsächlich nicht nachvollziehen. Aber ich kriege so in meinem Job wirklich von allen möglichen Bereichen, also auch in Beschäftigungen, in denen sagen wir mal eher einfachere Tätigkeiten vielleicht auch gemacht werden. Doch vieles mit was nicht rechtens läuft, muss man sagen.
Und da eben auch Unternehmen und auch die Arbeitgeberseite sich eben nicht immer an das halten, was das Arbeitsrecht so hergibt. Und ja, da ist es leider doch in vielen Fällen tatsächlich immer noch nötig und erforderlich, dass man da sich vielleicht da mal wehren muss und sagen muss Moment mal, das geht aber nicht irgendwie länger als zehn Stunden muss ich jetzt nicht arbeiten, zum Beispiel.
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Die neue Arbeitswelt braucht ein modernes Arbeitsrecht
Zocholl: Wie sind Sie zum Arbeitsrecht gekommen?
Sideri: Ja, ich habe selbst schon seitdem ich denken kann, wo man arbeiten darf. Ich weiß gar nicht, ob das eigentlich geht, mit Zeitungen austragen und so ist schon früh angefangen zu arbeiten und habe im Studium sehr, sehr viel gearbeitet. Und mich haben einfach die Arbeitswelt schon immer fasziniert, muss ich sagen.
Da habe ich schon viele verschiedene Jobs gemacht. Also ich bin ja hier in Baden Württemberg, da ist ja die Automobilindustrie und Zulieferer sehr ausgeprägt. Also da habe ich bei den Konzernen meine Ferienjob gemacht, aber nicht im Büro, sondern tatsächlich in der Produktion. Und das hat mich irgendwie schon immer fasziniert. So die Atmosphäre in den Fabriken, in den Hallen und wie die Menschen zusammen arbeiten. Und für mich war eigentlich klar, dass ich in dem Bereich mich dann spezialisieren möchte.
Zocholl: Ist es eigentlich meine Pflicht als Arbeitnehmer, Mitarbeitergespräche wahrzunehmen – Was sagt das Arbeitsrecht?
Sideri: Ja, das ist es tatsächlich. Also das wäre schon eine Art Arbeitsverweigerung, zu einem Mitarbeitergespräch nicht zu erscheinen oder ausdrücklich zu sagen Nein, da habe ich keine Lust, dann nehme ich nicht teil. Also das ist insofern schon richtig, das habe ich tatsächlich noch nie in irgendeinem Arbeitsvertrag gesehen, dass es ausdrücklich drinsteht. Aber wenn man alles reinschreiben würde, was in so einem Arbeitsverhältnis gilt, dann wären die Arbeitsverträge 100 Seiten lang oder auch noch länger. Also es gibt natürlich viele Nebenpflichten auf beiden Seiten, die nicht alle ausdrücklich in den Arbeitsverträgen drinstehen. Aber ja, die gibt es.
Zocholl: Heißt das dann auch im Umkehrschluss, dass ich als Führungskraft mit meinen Mitarbeitern reden?
Sideri: Muss ich ja auch. Das ist tatsächlich eine Verpflichtung, gerade für Führungskräfte. Diese Mitarbeitergespräche ist ja der Oberbegriff. Was genau sich dann dahinter verbirgt, können ja sehr unterschiedlich sein. Zu führen ist aus meiner Sicht schon wirklich einer der wichtigsten Führungsrollen, die man da auch einnimmt. Und da spielt tatsächlich der psychologische Aspekt, der ja ihr Part ist, natürlich eine viel größere Rolle, der rechtliche Part eigentlich eher eine untergeordnete, muss man sagen. Und da spielt aus meiner Sicht gerade bei Neueinstellungen spielen die ersten Gespräche, die man da so führen sollte und müsste, eigentlich die wichtigste Rolle.
Zocholl: Ja, warum schreiben Sie diesen ersten Gesprächen so eine besondere Rolle zu?
Sideri: Ja, weil da ja die der Auswahlprozess ja erst mal abgelaufen ist, das Bewerbungsverfahren insofern erfolgreich war. Man hat sich ja für jemanden entschieden, den man jetzt eingestellt hat. Aber man muss ja ehrlicherweise sagen, dass man erst beim Arbeiten ja wirklich feststellt, ob das denn jetzt auch wirklich passt auf beiden Seiten. Und da erlebe ich doch regelmäßig, dass da zu wenig gesprochen wird.
Und die Gespräche, die da stattfinden sollen, sind solche, dass man einfach wirklich die konkreten Aufgaben, die Tätigkeiten und alles, was so drum herum dazu gehört, wirklich genau bespricht und beschreibt und idealerweise dann zumindest stichwortartig auch festhält, dokumentiert, weil da einfach die Erwartungen oder Meinungen, die man dazu hat, auf beiden Seiten einfach unterschiedlich sein können. Das wissen Sie ja besser noch, wie da Kommunikation ja auseinandergehen kann.
Und das ist ganz wichtig, da einfach Dinge anzusprechen, damit von vornherein die Erwartungen klar sind, die an diese Stelle da sind. Und das wird zu wenig gemacht aus meiner Sicht. Und wir haben ja in der in den ersten Monaten des Arbeitsverhältnisses ja diese Probezeit und die dient ja eben auch zur Erprobung und die sollte aus meiner Sicht wirklich eben auch gut genutzt werden, damit da eben auch nachjustiert werden kann, wenn es eben erforderlich ist oder auf Dinge hingewiesen werden kann.
Die Dinge werden oftmals nicht angesprochen – Smaro Sideri (Fachanwältin für Arbeitsrecht)
Wenn man merkt, da ist vielleicht was falsch verstanden worden oder nicht bekannt gewesen oder was auch immer.
Arbeitsrecht braucht Dokumentation
Zocholl: Ich würde da Ihren Eindruck teilen. Die Probezeit ist gerne mal eine Blackbox, so nach dem Motto warum weiß man nicht, wieso, weshalb, warum jetzt so gearbeitet werden sollte. Ist das fehlende Zeit oder fehlender Wille? Wie würden Sie das einschätzen?
Sideri: Ja die fehlende Zeit. Also das Argument kann man ja immer nehmen, keine Zeit, aber man muss sich dafür schon die Zeit nehmen. Und ich denke, da müsste man sich einfach von vornherein einen festen Ablauf einfach machen, je nachdem, wo man jetzt arbeitet, in welchen Kontext, also in welchem Unternehmen wie großes Unternehmen ist, wenn da eine Personalabteilung ist.
Also ja, die können ja solche Gesprächsleitfäden vielleicht sogar schon erstellen oder zumindest Termine schon von vornherein festlegen. Machen ja einige Unternehmen auch so, dass man schon einfach so einen genauen Ablauf hat. Da ist die Einstellung Und dann gibt es noch so und so viel Wochen, ein erstes Gespräch, dann gibt es noch mal ein zweites usw. und dann gibt es zu dem jeweiligen Gespräch vielleicht ja ein bisschen, was man da vorbereitet hat, weil je nachdem, wer in dieser Führungsrolle ist, braucht er ja vielleicht auch Unterstützung. Und da sind die Dinge, die man da halt erleichtern tun kann und tun sollte, dass das eben einfach einen Rahmen hat, der geplant ist und fehlende Zeit.
Für Dokumentation muss man sich Zeit nehmen. Das Argument keine Zeit ist schwach. Smaro Sideri (Fachanwältin für Arbeitsrecht)
Also sollte halt nicht wirklich jetzt da das Problem sein, weil klar, man braucht Zeit, das muss man natürlich sagen, aber das gehört, wie gesagt finde ich einfach zu Führungsrolle dazu. Und das muss man sich halt bewusst machen und eben mit einplanen zu seinem Job als Führungskraft, je nachdem, wie viele Mitarbeiter man eben führt.
Die Zeiten, die man eben für bestimmte Gespräche braucht, die muss man sich halt in seinem Arbeitsalltag mit einplanen. Die kann man ja nicht irgendwie einfach komplett ausblenden.
Zocholl: Ich erinnere mich noch an einen letzten Trainingsteilnehmer, der mir berichtete, er würde 70 Leute direkt führen. Also ich glaube, da muss man dann beide Seiten der Medaille sehen. Ich gehe da voll mit. Was Sie sagen, dass man sich für die Führung einfach die Zeit nehmen muss.
Was würden Sie denn sagen? Sind denn so die zwei, drei wichtigsten Punkte, die man in einem Mitarbeitergespräch auch aus arbeitsrechtlicher Sicht machen sollte, als Führungskraft und vielleicht auch als Mitarbeiter?
Sideri: Also wenn wir den Arbeitsvertrag anschauen und das beschreibt ja Rechte und Pflichten sozusagen in diesem Arbeitsverhältnis, und da ist in den allermeisten Arbeitsverträgen die Tätigkeit also, für die man da jetzt eingestellt wurde, mit einem Satz oder vielleicht auch nur mit einem Begriff bezeichnet, also einfach die Tätigkeit, für die man eingestellt wurde und mehr aber nicht. Und das ist eben so das Wichtigste, dass man jetzt mal in dem ersten Gespräch wirklich am besten in dieser Probezeit relativ früh, also auch nicht erst im sechsten Monat, sondern also möglichst nach ein paar Wochen schon, nachdem man schon mal ein bisschen angekommen ist, natürlich mal wirklich konkret die Aufgabenbereiche anhand eben der Anstellung beschreibt.
Und das ist wirklich ein Arbeitsvertrag, gleiches Thema und steht eben aber nicht so ausführlich in diesem Arbeitsvertrag. Manche haben ja zusätzliche Arbeit, sbeschreibungen oder Arbeitsplatzbeschreibungen, wo man etwas mehr draus ziehen kann, aber viele auch nicht. Und da geht es dann eben darum, dass man gegenseitig einfach auch, also die Führungskraft erst mal erklärt, beschreibt, was die Aufgaben sind.
Also je nach Tätigkeit ist es einfach sehr, sehr unterschiedlich, ob es um Abläufe geht und bestimmte Vorgaben, die da zu beachten sind und dann aber die Mitarbeiter eben auch Fragen stellen können oder vielleicht auch was auch immer sich einbringen können und auch vielleicht sagen können, Aber ich könnte auch das so machen oder es ergeben sich ja vielleicht auch Veränderungen, manchmal auch so oder hat ja auch die und die zusätzlichen Kenntnisse noch, die kann man ja vielleicht auch noch einbringen oder es ergibt sich vielleicht in so einem Gespräch ein Bedarf, dass jemand jetzt vielleicht ein bestimmtes Tool, eine Software nutzen muss, von der man ausgegangen ist.
Er kann sie schon. Ist aber nicht der Fall, dass man dann feststellt okay, da müssen wir erst mal eine kleine Schulung dazu machen und solche Dinge. Also das wäre so das Wichtigste. Und dann aber. Nun ja, irgendwo auch die Erwartungen zu klären. Also von der Führungseite her, dass die Führungskraft dann schon sagt, also wir haben jetzt nicht in den meisten Fällen irgendwie eine messbare Arbeit, die nach Stückzahl oder so einfach bemessen werden kann.
Und deshalb ist es schon wichtig, nach welchen anderen Kriterien auch zu beschreiben, was denn jetzt erwartet wird, wie die Arbeit denn jetzt dann auch zu machen ist.
Arbeitsvertrag im Gespräch konkretisieren
Zocholl: Wie würden Sie denn dann die Dokumentation eines Mitarbeiter Gespräches sehen? Wie? Wie wichtig? Wie viel Bedeutung würden Sie eine Dokumentation zuschreiben?
Sideri: Ja, das ist schon wichtig. Und ich weiß ja, dass es für viele Führungskräfte einfach lästig ist und bürokratisch ist. Ja, das verstehe ich durchaus. Es hilft aber, weil es passieren einfach so viele Dinge und man kann sich einfach auch nicht alles merken. In dem Moment, in dem man es bespricht, ist alles irgendwie klar.
Aber dann, ja ein Dreivierteljahr später, weiß man davon einfach nichts mehr. Das heißt also, schon allein zur Gedächtnisstütze ist es sinnvoll und wertvoll, aber auch, um eine gegenseitige Verbindlichkeit nochmal stärker herauszustellen. Und für den Fall der Fälle, dass es dann vielleicht doch mal nicht so gut läuft, wie man sich das so gewünscht hat, dass man da eben auch zurückgreifen kann und sagen kann,
Aber da in dem Gespräch, da und da haben wir es doch so und so besprochen und vereinbart. Dafür ist es dann natürlich sehr, sehr wertvoll und das muss ich ja wieder sagen, so aus meinem Job kenne ich halt eben die Fälle, die dann irgendwann mal vielleicht nicht so gut laufen, aus welchen Gründen auch immer.
Und gerade aber dann diese Gespräche und diese Dokumentation, die eben vorher hätten bestehen müssen, nicht da sind.
Zocholl: Also das ist ja ganz interessant, noch mal Ihren Blick aus der aus der Praxis zu erfahren. Ich kriege das immer mit, dass man genau wie Sie gerade gesagt haben, Führungskräfte hat. Die dokumentieren wenig bis gar nichts und wundern sich dann, dass quasi eine Kündigung, eine Abmahnung oder so was vor Gericht nicht standhält. Erklären Sie doch mal aus Ihrer Sicht wie wie gut ist es dann zu dokumentieren? Was? Was für eine Argumentation fällt dann vielleicht leichter?
Sideri: Also sind die wirklich die Spezialitäten des Arbeitsrechts in Deutschland, muss man sagen. Also insbesondere eben der starke Kündigungsschutz von Arbeitnehmern. Wenn wir jetzt davon ausgehen, wir haben Betriebe und Unternehmen, die doch mehr Mitarbeiter beschäftigen, ja, also auch da vielleicht nur kurz, wenn es jetzt wirklich ganz kleine Betriebe sind mit weniger als zehn Mitarbeiter.
Da spielen die kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften keine Rolle, weil eben erforderlich ist, dass man mehr als zehn Vollzeitbeschäftigte hat, damit eben dieser Kündigungsschutz überhaupt greift. Aber wenn wir jetzt mal davon ausgehen, da haben solche Unternehmen, dann ist es halt erforderlich für einen Arbeitgeber, wenn er kündigen möchte, dass er dieses Mittel der Kündigung immer als letztes kündigen, also als letztes Mittel einsetzt und es erforderlich ist, dass er nachweisen kann, dass er eben vorher andere Mittel, mildere Mittel eingesetzt hat, bevor er zu Kündigung gegriffen hat.
Und für wann braucht er das? Wir haben ja in Deutschland die Möglichkeit, dass jeder Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die eben eine Kündigung durch den Arbeitgeber bekommt, die gerichtlich überprüfen lassen kann, beim Arbeitsgericht und vorm Arbeitsgericht eben der Arbeitgeber diese ganzen Nachweise dann bringen muss und wenn er sie halt nicht bringen kann, also wenn er dann eben kündigt.
Und da greift der Kündigungsschutz eben auch nach sechs Monaten in den ersten sechs Monaten kann man eben ohne diese strengen Vorschriften auch kündigen. Aber wenn eben die Betriebszugehörigkeit jetzt doch vielleicht schon ein paar Jahre besteht und man würde jetzt einfach kündigen, weil man sagt, es passt nicht und das geht nicht und funktioniert nicht und der Arbeitnehmer, die Arbeitnehmerinnen würde eben eine solche Klage Kündigungsschutzklage einreichen, dann muss der Arbeitgeber eben die Schritte, die er vorher unternommen hat, dem Gericht zeigen nachweisen.
Und wenn er das nicht hat, dann ist diese Kündigung nicht wirksam, was bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis eben doch nicht gekündigt ist und die die Beschäftigung dann fortbesteht. Das heißt, klar, das ist auf der einen Seite ja für diese Fälle, wo es dann halt mal nicht so gut läuft, natürlich besonders wichtig. Ja, und jetzt sagen ja viele, na ja, gut, wir können ja nicht davon ausgehen, dass wir dann. Uns trennen und in einem Streitfall uns befinden. Man weiß es halt einfach nicht. Man weiß am Anfang eines Arbeitsverhältnisses nicht, wie sich das im Laufe der Jahre so entwickelt.
Und man macht es dann vorsorglich. Aber wie gesagt, vielleicht auch nur zur Gedächtnisstütze. Ist es auch schon gut.
Zocholl: Das ist kein Dokument, was mir der der Chef oder die Führungskraft vorlegt und ich das unterschreiben muss im Sinne von Ich habe die Inhalte nicht mitbestimmt.
Ich will damit sagen, ich habe als Mitarbeiter im Gespräch durchaus auch die Möglichkeit, meine Punkte zu machen und dann zu sagen, Wenn wir es dokumentieren, möchte ich aber auch drin haben, dass X, Y und Z drin steht, was, was mich vielleicht auch entlastet. Ich weiß nicht, wie, wie atmungsfähig solche Dokumente sind.
Sideri: Das ist ja ein Gespräch insofern schon dafür da, dass man da gegenseitig sich einbringen kann. Ich hatte ja gesagt, es kann ja auch sein, dass man feststellt, in so einem Gespräch, dass man vielleicht tatsächlich die Aufgaben verändern müsste, anpassen müsste oder so. Das kann sich ergeben.
Aber man muss ja auch noch mal sagen, also der Arbeitgeber ist ja erstmal schon derjenige, der sagt, ich habe die und die Stelle mit den und den Tätigkeiten zu besetzen, such dir dafür jemanden. Und es hat sich dann jemand beworben auf eine Stelle, der sagt Ja, ich möchte genau diese Tätigkeit machen.
Und in der Regel ist es ja nicht so, dass der Arbeitnehmer die Arbeitnehmerin sagt also hier bin ich und ich such mir jetzt raus, was ich machen möchte. ABC möchte ich machen und die eher möchte ich nicht machen oder so. Also das ist in der Regel ja nicht der Fall. Wobei, der Arbeitsmarkt verändert sich. Wer weiß, vielleicht ist es in Zukunft auch anders. Es passiert ja teilweise auch schon.
Der Arbeitsmarkt verändert sich – Kann das Arbeitsrecht mithalten?
Zocholl: Lassen Sie uns mal auf diesen Kritikaspekt noch etwas genauer eingehen. Und der erste Fall, der mir ja immer wieder vorkommt, ist so Der Mitarbeiter verstößt gegen Unternehmensrichtlinien.
Wie auch immer die jetzt aussehen mögen. Aber im Gespräch heißt es Ich bin unschuldig, ich habe nichts getan. Das steht ja dann Aussage gegen Aussage. Was ist hier zu tun?
Sideri: Ja, also wenn es jetzt Unternehmensrichtlinien gibt, dann ist halt das erste, dass diese Richtlinien bekannt gemacht werden, was ja eben wieder der Punkt ist. Wie werden sie bekannt gemacht? Das ist der erste Punkt. Und wenn die bekannt gemacht sind und es einfach Vorgaben sind, die in diesem Unternehmen gelten, dann sind es halt quasi betriebliche Gesetze, die da gelten. Und es ist ja wie sonst auch. Unkenntnis schützt ja nicht vor Strafe.
Und klar, wenn jetzt der Vorwurf kommt, man hat dagegen verstoßen, dann muss man natürlich schon benennen können, wann ist was passiert, weil einfach mal was zu behaupten, was nicht der Wahrheit entspricht. Ja klar, wir haben ja eine Unschuldsvermutung. Das funktioniert nicht. Das heißt, wenn jetzt die Führungskraft einem Mitarbeiter sagen würde, Du hast gegen die Richtlinie, weil sie nicht dich entsprechen, so und so abzumelden oder was auch immer da die Vorgabe ist.
Also verstoßen hast sie nicht eingehalten. Da muss man natürlich schon sagen und zwar war das am 18. Januar um die uhrzeit, also das muss ja schon konkret benannt werden.
Man braucht jetzt nicht Beweise in dem Sinn, dass man da jetzt irgendwie keine Ahnung Video davon hat oder so. Das natürlich nicht, wenn man hier solche Verstöße hat. Die können ja viel vielfältig sein. Es kann nicht nur Richtlinien Themen seien, es können auch jemand bringt eine Krankmeldung nicht oder was auch immer da alles vorkommen kann, ist es schon denkbar, da eben arbeitsrechtlich da auch zu sanktionieren.
Und das muss man sagen. Das liegt dann wiederum auch im Ermessen der Führungskraft, es sei denn, es gibt da auch bestimmte Richtlinien im Unternehmen, welches Verhalten wie nachher auch geahndet werden soll. Also in der Regel wird doch erst mal ein Mitarbeitergespräch geführt, in dem eben darauf hingewiesen wird, dass dieser Verstoß da ist und genau benannt wird. Also das. Das ist hier nicht zulässig. Und wenn das noch mal passiert, dann musst du halt eben damit rechnen, dass es dafür zum Beispiel eine Abmahnung gibt.
Aber ob man jetzt ein Mitarbeitergespräch macht oder wenn es jetzt eher, sagen wir mal, etwas größere Verstöße sind.
Also man ist zum Beispiel gar nicht zur Arbeit gekommen und hat sich auch nicht entschuldigt. Unentschuldigt fehlen könnte man auch gleich abmahnen. Das ist so ein bisschen Ermessenssache, muss man sagen.
Das bekomme ich auch immer wieder als Frage Ja, wann muss ich denn was wie tun oder wann darf ich was tun? Und da ist es nicht so, dass es ein Muss gibt. Ja, es ist wirklich Ermessenssache und ich finde es auch grundsätzlich gut, dass es so ist, weil es ja ganz viel auch davon abhängig, wie die Unternehmenskultur ist und wie die Branche ist usw.
Da hängen ganz viele Dinge da zusammen und da hat es eben jede Führungskraft auch in der Hand. Und je nachdem ist es so, dass der Gesamteindruck des Mitarbeiters ja auch ausschlaggebend, für was man sich entscheidet. Aber die Instrumente hat man dann schon. Und wenn man sich dafür entscheiden würde, weil das vielleicht jetzt auch mehrmals vorgekommen ist zu sagen, so, jetzt gibt es eben wirklich eine Abmahnung, also eine Abmahnung ist schon eine arbeitsrechtlich relevante Sanktion, dann hat der Mitarbeiter Mitarbeiterinnen auch verschiedene Möglichkeiten, Wenn er meint, das was in dieser Abmahnung drin steht, stimmt nicht.
Das was sie sagten, er sagt, der ist unschuldig, dann hat er die Möglichkeit eine Gegendarstellung zu machen. Ja, aber so einfach seine Sicht zu schreiben und zu dokumentieren und dann wird die Abmahnung in die Personalakte genommen und die Gegendarstellung auch. Und da bleiben die erst mal liegen.
Und wenn dann in der Zukunft alles normal verläuft und gut weitergeht, dann spielt es dann auch gar keine Rolle mehr. Nur wenn weitere Dinge sich ergeben, im Laufe der Zeit also weitere Verstöße und mehrere Abmahnungen da zusammenkommen, dann können ja solche Abmahnungen dann eben auch eine Kündigung dann stützen.
Wenn Kündigungsschutz bedeutet natürlich nicht, dass man nicht kündigen kann als Arbeitgeber, sondern es bedeutet eben, dass man halt erst dann kündigen kann, wenn andere Mittel, die man schon eingesetzt hat, ausgeschöpft sind.
Zocholl: Ja, lassen Sie uns noch mal bei der bei der Abmahnung bleiben, weil das ist ja auch so eine ganz prominente Sanktion, die ja alle kennen bzw. alle wissen, was das ist. Also wir wissen, dass es das gibt, aber was das genau ist, wissen wissen viele dann wiederum nicht. Sie haben gerade gesagt, es ist viel Ermessensspielraum dabei. Aber klären Sie noch mal die die Sanktion der Abmahnung. Was genau? Vielleicht so ein, zwei Rahmenbedingungen, die dann vielleicht doch erfüllt sein müssen.
Sideri: Ja, also es gibt schon Dinge, die erfüllt sein müssen. Tatsächlich. Und da sieht man, wie alles so miteinander dann auch zusammenhängt. Weil für eine Abmahnung braucht man eben einen einen Verstoß, also eine Verletzung innerhalb dieses Arbeitsverhältnisses, was wiederum bedeutet, es müssen halt eben Vorgaben ja da sein, gegen die man verstoßen hat.
Und jetzt gibt es bestimmte Vorgaben, die schon gesetzlich da sind, also wie zum Beispiel, dass man eine Krankmeldung vorlegen muss. Wenn man jetzt auch ja länger als nur ein oder zwei Tage krank ist, dann ist es schon eine gesetzliche Verpflichtung, dass man eine ärztliche Bescheinigung eben vorlegen muss. Und wenn jetzt jemand eine ganze Woche krank ist und keine ärztliche Bescheinigung vorlegt, dann ist es halt ein Verstoß.
Und wie gesagt, da wäre jetzt diese Ermessensmöglichkeit, ob man erst mal nur ein Gespräch führt und sagt Du, das musst du nachreichen oder ob man abgemahnt. Und dann ist es so, dass in einer solchen Abmahnung konkret angegeben werden muss, was eben der Verstoß ist. Und in diesem Fall ist es jetzt einfach.
Wenn wir jetzt aber die Tätigkeiten nehmen, die Aufgaben, die zu machen sind. Also wenn jetzt eine Führungskraft meint, es gibt ein Mitarbeiter, der erfüllt einfach sein, also seine Arbeit, vertraglichen Verpflichtungen, nicht die Tätigkeit, nicht die Aufgaben, die er zu machen hat, nicht der Macht, bestimmte Dinge, die ihm halt unangenehm sind, macht er nicht.
Die lässt er einfach liegen zum Beispiel. Dann muss er das halt genau eben auch benennen können. Das heißt, dann muss in so einer Abmahnung erkennbar sein und und man sagt so, dies muss halt eben für jemand, der jetzt nicht in diesem Unternehmen arbeitet, für einen fremden Dritten sozusagen, was im Zweifel ein Arbeitsrichter sein kann.
Wenn es dann zum Arbeitsgericht kommt, dass er durch Durchlesen dieser Abmahnung sofort. Ohne Nachfragen erkennt, was denn der Verstoß ist. Und da muss eben genau drinstehen Sie haben folgende Aufgaben nicht erfüllt, die zu Ihrer Tätigkeit gehören. Und da muss genauer beschrieben werden, was wann nicht gemacht wurde und wie es eben auch hätte richtig gemacht werden können oder müssen.
Und das ist ja wiederum wie gesagt voraus, dass hier die Tätigkeiten auch genau beschrieben sind. Weil die Abmahnung würde dann halt ins Leere laufen, wenn der Mitarbeiter sagen würde habe ich ja gar nicht gewusst, dass es meine Tätigkeit ist, zum Beispiel oder was auch immer, da ja Themen sein können, was bedeuten.
Ah, okay, da gab es eben Lücken vorher. Das wurde eben nicht genau besprochen, erklärt, hingewiesen, dass es die Aufgaben sind. Wenn das jetzt nicht so selbsterklärende Dinge sind oder Dinge, die sich eben aus Gesetzen ergeben.
Zocholl: Ja, ich finde, da machen sie einen ganz interessanten Punkt auf. So das Thema Interpretationsspielräume. Die schafft man sich ja sehr gerne zu Beginn, so nach dem Motto Wir wissen vielleicht noch gar nicht, was los ist, wir sind vielleicht doch ein kleines Unternehmen. Wir, wir haben so was wie Stellenbeschreibungen Gar nicht.
Wir wachsen aber vielleicht und haben deshalb noch gar nicht die Zeit, das zu schärfen. Und dann kommt es zu diesem sogenannten Worst case, wo man dann sicher ja auch als berechtigte Taktik auf die Hinterbeine stellen kann und sagen kann Ja, so genau klar war mir das eigentlich nicht.
Also das da muss ich ja selbst aus physiologischer Perspektive sagen, alle glauben, sie würden klar kommunizieren, bis man dann mal so die erste Übung geht. Dann merkt man, wie, wie unklar die Kommunikation dann eigentlich wirklich ist.
Sideri: Deswegen ist es tatsächlich für diese psychologische Betrachtung und auch die Kommunikationsbetrachtung ist dann wirklich super. Und so wie Sie sagen, das ist einfach so, dass man nicht davon ausgehen kann, dass das, was für einen selbstverständlich ist, dass es die andere Seite genauso sieht. Also das ist halt nicht der Fall, sonst wäre vieles viel, viel einfacher.
Zocholl: Und es werden viele Arbeitsrichter deutlich entlastet, die sagen na ja.
Sideri: Aber das lässt sich halt eben durch solche Gespräche, durch solche Erwartungs Klarstellungen lässt sich da wirklich schon viel abfangen. Und also ich kann es ehrlich gesagt nicht ganz nachvollziehen, weshalb es in vielen Fällen eben so vernachlässigt wird. Ja klar. ZEIT Das verstehe ich, dass man da sagt, mir fehlt die Zeit.
Aber wenn jetzt die Führungskraft wiederum ihre Führungsrolle nicht erfüllen kann, weil wirklich die Zeit fehlt, dann müsste halt die Führungskraft wem auch immer weiter dann sagen Also ich habe so und so viele Mitarbeiter hier zu führen und ich möchte und muss mit denen Gespräche führen. Das kostet mich in der Woche oder im Monat eben soundsoviel Stunden und davor brauche ich die Zeit.
Wie kann man jetzt meine Aufgaben wiederum anders organisieren, da sie eben meiner Führungsrolle auch gerecht werden kann?
Zocholl: Absolut. Ich glaube, was ja oft vielmals mit einher geht mit der Führungsrolle, ist das Verharren in der eigentlichen Tätigkeit oder in den Produktionstätigkeiten oder in den operativen Geschäft, so muss man sagen, da verharrt man ja auch noch zu einem großen Teil des Tages.
Und dann wird es natürlich sehr, sehr knapp, die Führungsaufgaben zu machen. Bevor wir zum Arbeitsrichter gehen, ist es ja sehr oft so, dass der Betriebsrat noch mit eingeschaltet wird, so als als furchtvolle Eminenz noch mal irgendwie mit an den Tisch gezogen wird. Können Sie noch mal die Rolle des Betriebsrates, vielleicht in Mitarbeitergesprächen auch die, die kritisch sind, darstellen?
Also mir ist natürlich ein Arbeitnehmervertreter, aber er soll es natürlich auch nicht alles mit sich machen lassen.
Sideri: Ja, ja, also Betriebsräte gibt es ja nicht überall. Nicht in allen Unternehmen. Und ich muss sagen, ich hatte schon in meiner ersten Tätigkeit, die ich hatte, die war nicht direkt als Anwältin, sondern da war ich in einem Unternehmen in der Rechts und Personalabteilung und hatte dort die Funktion der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat.
Und ich muss sagen, ich habe grundsätzlich wirklich ein großes Herz für Betriebsräte, weil die sich da ja also ehrenamtlich für die Kollegen Kolleginnen einsetzen. Und ja, das kann vorkommen, dass eben zu solchen Gesprächen auch jemand vom Betriebsrat dabei ist. Und die Rolle des Betriebsrats ist schon erst mal ja, den Arbeitnehmer, die Arbeitnehmerin da zu unterstützen.
Aber am Ende, ja, wie soll man sagen, ist der Betriebsrat jetzt weder der Anwalt der Arbeitnehmer noch irgendwie sonst der Vertreter. Das ist ja in manchen Situationen so, dass manche Arbeitnehmer vielleicht auch unsicher sind. Und sich einfach auch niemand annehmen.
Vielleicht als Zeugen? Ja, weil es ist ja auch manchmal so, dass Mitarbeitergespräche je nachdem vielleicht auf der Arbeitgeberseite nicht nur mit einer Person gemacht werden, sondern mit zwei.
Sideri: Und da kann es ja sein, dass ein Arbeitnehmer sich denkt okay, bevor ich alleine dann sitze, nehme ich mir auch jemand vom Betriebsrat. Aber der Betriebsrat kann da jetzt nichts für den Arbeitnehmer entscheiden oder so. Der ist ja nur unterstützend dabei.
Zocholl: Ja, oftmals ist es dann auch wirklich so, dass mit dem Betriebsrat so eine unangenehme informelle Schleife verbunden wird. So nach dem Motto Wenn der Betriebsrat weiß, dass hier ein Mitarbeiter vielleicht Probleme macht oder Probleme hat, dann geht das über meinen Chef. Und so wird dann quasi eine interne Druckkaskade aufgebaut, die ich, die ich gar nicht erst eingehen will. Das ist so quasi das Beispiel, was ich mitbringen kann.
Sideri: Ja, wobei man da auch sagen muss, da ich ja wirklich sehr viel nach wie vor mit Betriebsräten auch zutun und da gibt es einfach auch sehr große Unterschiede. Da kommt eben auch drauf an, wie da überhaupt das Setting so ist, ob der Betriebsrat halt so der Buhmann ist oder ob da einfach auch eine gute Zusammenarbeit da ist. Also davon hängt das halt auch ab.
Zocholl: Ja, und ich glaube, dass die Funktion des Betriebsrates wichtig ist, dass das sehen wir in vielen Unternehmen tagtäglich, dass da die Bedingungen herrschen, wo wohl Leute noch mal Partei ergreifen müssen für die, für die Arbeitnehmer. Und ich glaube, das steht außer Frage. Und das bringt uns auch zu einem nächsten Thema, dass das Ihnen auch am Herzen liegt, nämlich das Thema mobiles Arbeiten und Home Office.
Corona hat uns ja alle gezwungen, von zu Hause aus zu arbeiten. Ja, ganz neu ist es nicht. Aber wir haben uns dran gewöhnt und sind auch jetzt mit so halbwegs festen Regelungen jetzt in einen New Normal übergegangen. Aus Ihrer Erfahrung heraus Wo hakt es aus Ihrer Erfahrung noch beim Thema mobiles Arbeiten?
Sideri: Nun ja, damit habe ich wirklich in den letzten 2 bis 3 Jahren jetzt auch sehr, sehr viel mehr zu tun als vorher und diese erstmal schon mal diese Unterscheidung Unterscheidung, Homeoffice, mobiles Arbeiten.
Ich glaube, das ist den meisten inzwischen klar. Trotzdem ein Satz vielleicht dazu, das ist ja eben nicht das gleiche ist. Arbeitsrechtlich gesehen. Also den Begriff Homeoffice gibt es natürlich nicht in irgendeinem deutschen Gesetz. Wir haben auch überhaupt keine gesetzliche Regelung über einen Anspruch auf Homeoffice. Aber arbeitsrechtlich würde man unter Homeoffice verstehen, das Arbeiten von zu Hause aus.
Also das heißt mit einem eingerichteten Arbeitsplatz beim Arbeitnehmer zu Hause. Im Gegensatz zum mobilen Arbeiten, was bedeutet, man könnte von überall arbeiten, also von unterwegs, von einer Ferienwohnung aus oder von zu Hause, bei den Eltern oder wo auch immer man sonst sein kann. Das heißt eben nicht nur bei sich zu Hause.
Und ja, das macht halt arbeitsrechtlich insofern ein Unterschied, weil wenn jetzt der Arbeitgeber sagt, es wird im Home Office gearbeitet, also es wird erlaubt, dass im Homeoffice gearbeitet wird, aber dann eben nur im Homeoffice und nicht von unterwegs in einem Cafe, Coworking Space oder wo auch immer.
Sideri: Dann hat es für den Arbeitgeber die Verpflichtung, dass eben dieser Heimarbeitsplatz dann auch komplett ausgestattet und eingerichtet werden muss. Nicht nur mit der Technik, sondern auch mit dem erforderlichen Mobiliar. Und diese Verpflichtung gibt es gesetzlich so nicht beim mobilen Arbeiten. Ja, wir haben wie gesagt keine Regelung.
Es gab ja Anfang 2021 einen Gesetzesentwurf zu einem mobilen Arbeiten Gesetz, das aber nicht in Kraft getreten ist. Da sollten welche Ansprüche geregelt sein. Gibt es aber nicht. Das heißt, es ist also im Moment noch rein freiwillig, welches Unternehmen was in welchem Umfang anbietet oder eben auch nicht.
Und wenn es zum Beispiel einen Betriebsrat gibt in einem Unternehmen, da haben also ganz viele Unternehmen Betriebsvereinbarungen, die in welchem Rahmen auch immer Regeln zum mobilen Arbeiten in den meisten Fällen. Also ich habe tatsächlich nur eine einzige Betriebsvereinbarung zum Homeoffice gesehen. Alle anderen sprechen vom mobilen Arbeiten.
Aus den Gründen, die ich gerade genannt habe. Und wenn es solche Betriebsvereinbarungen gibt, dann ergeben sich für die Beschäftigten in diesen Unternehmen Ansprüche aus diesem. Betriebsvereinbarungen mit den Regelungen, die dort drin stehen.
Sideri: Was ich erlebe ist, dass viele ja so eine Art hybrides Arbeiten praktizieren, also mit ein Tag, zwei Tage oder auch drei Tage. Mobiles Arbeiten aber ist nirgendwo geregelt, ist also einfach so besprochen. Ist man aber nicht irgendwie eine Zusatzvereinbarung hat zum Arbeitsvertrag, in denen der dann drinsteht.
Es gibt die Möglichkeit, drei Tage in der Woche oder zwei Tage oder wie viele auch immer, eben nicht am Betriebsstandort zu arbeiten, sondern mobil zu arbeiten. Und das ist dann einfach so gemacht wird und also ist jetzt nicht verboten. Natürlich nicht nur, da ist halt auch die Frage, was ist, wenn man jetzt von dieser informellen Absprache oder wie man das nennen möchte, dann irgendwie doch abweichen möchte? Ja, und das ist ja bei einigen dann ja auch passiert.
Es gab ja eine kurze Zeit so eine Sonderregelung, wo es tatsächlich auch eine Verpflichtung gab, aus dem Infektionsschutzgesetz für Arbeitgeber Homeoffice zu ermöglichen, überall wo es ging. Die ist ja aber letztes Jahr ja im März schon ausgelaufen und dann gab es eben diese gesetzliche Vorgabe ja nicht mehr.
Sideri: Und dann hat es schon bei einigen Unternehmen dazu geführt, dass es eben hieß alle wieder zurück ins Büro. Und das ist nicht bei allen Arbeitnehmern dann so gut angekommen. Und ich habe selber auch einen Fall gehabt von einem Unternehmen, wo es dann eben hieß ja zurück ins Büro und eine Mitarbeiterin aber sich geweigert hat, gesagt hat „Nö, ich bleib jetzt einfach weiterhin im Homeoffice arbeiten“. Und da gab es dann nach mehreren Aufforderungen eben auch eine Abmahnung. Und dann hat es aber auch funktioniert.
Zocholl: Dann kam sie zurück. Ja, ja, das macht aber eine ganz spannende Perspektive auf. Würden Sie sagen, dass hybrides Arbeiten, mobiles Arbeiten oder Arbeiten von zu Hause die Arbeitnehmerrechte eher stärkt oder eher schwächt?
Sideri: Ja, das ist auch eine gute Frage und vielleicht zweischneidig. Also ich denke schon, dass die Flexibilisierung der Arbeitszeit und jetzt eben auch des Arbeitsortes schon grundsätzlich für Arbeitnehmer positiv sind. Das muss man ja auch ehrlicherweise sagen.
Das ist ja auch nur bei den Tätigkeiten überhaupt möglich, die ja eben auch von woanders gemacht werden können als vor Ort. Also wenn jetzt eine Kassiererin im Einzelhandel ist oder eine Krankenschwester oder Ärztin im Krankenhaus oder jemand, der im Lager arbeitet, in der Produktion, da überall und das sind ja wirklich, also das sind nicht nur ein paar Menschen, also das habe ich manchmal so ein bisschen den Eindruck, dass das irgendwie vergessen wird die müssen ja vor Ort arbeiten, da geht ja mit Home Office oder mobilen Arbeiten ja gar nichts.
Und bei denjenigen, bei denen es aber geht, denke ich schon, dass es grundsätzlich positiv ist, dass man eben diese Möglichkeit der Flexibilisierung hat. Also es führt ja eben auch dazu. Geht mir ja genauso, wenn ich jetzt nicht eine Anstellung bin, dass ich halt viele, viele Termine gar nicht mehr vor Ort wahrnehmen muss, sondern dann eben online machen kann, was einfach Fahrt, Wege erspart, Zeit bringt.
Und da ist es schon eine Erleichterung, muss man sagen. Auf der anderen Seite ja. Also das reine mobile Arbeiten oder ein Homeoffice glaube ich wiederum nicht, dass es so optimal ist. Deshalb denke ich schon, dass ein hybrides Arbeiten, dass man sich doch auch vor Ort immer wieder mal sieht, gut ist und sonst vielleicht auch zu viel Vermischung stattfindet zwischen Arbeiten und eben nicht arbeiten.
Und was jetzt ja auch ja aktuell noch mal so ein bisschen die Runde macht, habe ich auch mitbekommen, ist, dass man sagt naja gut, wenn es einem nicht so gut geht, dann kann er quasi vom Büro nach Hause gehen und aber dann von zu Hause weiter arbeiten. Ja, also da muss man halt auch schauen, dass irgendwo trotzdem noch eine Trennung da ist.
Zocholl: Ja, ich glaube, gerade der Aspekt der Arbeitszeit ist da sehr entscheidend. Ich glaube auch, dass die Flexibilisierung einen Vorteil bringt, aber aus ihrer auch arbeitsrechtlichen Perspektive. Welche Gefahren gibt es denn da ganz konkret bei der Arbeitszeit? Darf ich als Mitarbeitende aus dem Homeoffice so lange arbeiten, wie ich will?
Sideri: Also das ist eben genau der Punkt. Und gerade genau bei denjenigen, die halt eben auch keine ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarungen haben, dass das alles so ein bisschen wie im luftleeren Raum schwebt und man da jetzt irgendwie rund um die uhr arbeiten könnte, also noch bis spät in die Nacht usw. Und das ist also rein arbeitsrechtlich gesehen natürlich so nicht der Fall.
Das heißt also, die Arbeitszeitregelungen, die wir halt in Deutschland haben, ob sie jetzt immer noch passen oder nicht, sei mal dahingestellt. Die heißen also mehr als zehn Stunden am Tag ist nicht erlaubt. Es gibt eine Ruhezeit von elf Stunden. Also wenn ich bis spät in die Nacht noch arbeiten würde, ohne die zehn Stunden zu überschreiten dürfte, dürft halt am nächsten Tag dann erst nach elf Stunden wieder arbeiten.
Die gelten natürlich genauso beim mobilen Arbeiten. Und schon allein dafür ist aus meiner Sicht eine vertragliche ausdrückliche Vereinbarung erforderlich, dass es da einfach auch noch mal klargestellt wird. Ja, so und so viel Tage in der Woche kann eben mobil gearbeitet werden. Aber die Rahmenbedingungen, die sonst gelten, die gelten eben da auch.
Zocholl: Das ist vielleicht viel noch gar nicht so bewusst, oder viele wollen vielleicht das auch gar nicht wahrhaben, dass trotzdem die die Regelung weiter gelten.
Sideri: Ja, also wie gesagt, auch da muss man sagen, das sehe ich auch irgendwo kritisch, weil unser Arbeitsrecht ja an vielen Stellen schon, also veraltet ist oder sagen wir mal so für manche Tätigkeiten so nicht mehr passt.
Es ist halt schon sehr auf die Arbeit vor Ort, also auf die Produktionsarbeit oder an Tätigkeiten, die eben vor Ort gemacht werden müssen, zugeschnitten und auf die Bürotätigkeiten, auf Tätigkeiten, die halt jetzt im IT Bereich oder wo auch immer alles halt einfach am Laptop gearbeitet werden kann und man das von überall machen kann.
Dafür ist es gar nicht so zugeschnitten. Und das ist schon auch meine grundsätzliche Kritik, dass da einfach eine Erneuerung, eine Überarbeitung eigentlich erforderlich ist. Und ja, unterschieden werden sollte eigentlich nach den Tätigkeiten, weil viele natürlich sagen ja gut, aber warum kann ich denn nicht irgendwie vormittags so und so viele Stunden arbeiten, dann eine Unterbrechung machen, Familie oder Hobbys oder was auch immer nachgehen und dann abends noch mal arbeiten und kommt mir da irgendwie ins Gehege mit Arbeitszeitregelungen. Ja, ist schon nachvollziehbar.
Auf der anderen Seite muss man auch sagen, die Regelungen der Arbeitszeit haben ja den Gesundheitsschutz als Ziel oder im Blick. Und es ist ja die Frage, muss man vor sich selbst geschützt werden? Das ist halt einfach auch der Unterschied, ob man sich entscheidet, als Arbeitnehmer in einer Anstellung sozusagen abhängig beschäftigt zu sein. Da gelten einfach an diese Arbeitnehmerschutz Regelungen. Wenn man freiberuflich tätig ist, selbstständig ist, dann ist man für sich selbst verantwortlich und es ist quasi nicht der Arbeitgeber, der ja Dienstherr noch bezeichnet wird, im BGB verantwortlich. Das sind halt so die Unterschiede, die unser Arbeitsrecht macht.
Zocholl: Ich glaube, das ist ein schönes Schlusswort, um auch einen klaren Auftrag an die Politik zu senden. Nehmt euch das Arbeitsschutzgesetz noch mal etwas genauer vor und schafft bessere Regelungen für, ja mobiles hybrides Arbeiten und Arbeiten im Homeoffice. Ich danke Ihnen für das Gespräch. Das hat mir sehr, sehr viel Spaß gemacht. Vielen Dank.
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