Die heutige Folge ist vor allem für alle BVB und Fußballfans interessant. In der vergangenen Woche gab der Verein nämlich bekannt, dass Lars Ricken zum Geschäftsführer Sport befördert wird. Die Neunziger Kids unter uns werden sich an sein legendäres Tor im Champions League Final von 1997 erinnern.
Den neuen Job übernimmt er bereits zum 01. Mai dieses Jahres. Ricken verantwortet seit einem Jahrzehnt die Nachwuchsarbeit der Borussia – und die ist in einem Masse erfolgreich, dass man beim Konkurrenten Bayern München neidisch in Richtung Dortmund blickt.
Sieben Meisterschaften gewannen die U-17- und U-19-Teams des BVB, der bayrische Rekordchampion kommt in diesem Zeitraum gerade auf einen einzigen Titel. Er kennt den Club und die Strukturen. Er weiß also wie der Hase läuft.
Lars Ricken hat BVB Stallgeruch
Man kann also durchaus behaupten, dass Lars Ricken sich diese Beförderung verdient hat.
Doch schaut man in die Medien, dann richtet sich der Blick auf einen Kandidaten, der für diesen Posten ebenfalls in Frage kam, aber nicht berücksichtigt wurde. Die Rede ist von Sportdirektor Sebastian Kehl.
Als die Meldung in der letzten Woche kam, war schnell ein Urteil über Kehl und seine Leistung gefällt. Ebenso zügig stand die Frage im Raum, ob Kehl mit diesem Rückschlag leben kann und überhaupt noch als Sportdirektor weitermacht.
Denn die Rolle des Sportdirektors ist direkt berichtend an die Geschäftsführung und Sebastian Kehl wäre per Funktion schon ein legitimer Nachfolger von Hans-Joachim Watzke in der Geschäftsführung gewesen.
Und das möchte ich heute mal zum Anlass nehmen, über das Thema Rückschläge zu sprechen. Wie geht man mit Rückschlägen um? Welche Konsequenzen hat eine Nicht-Berücksichtigung zur Folge und wie kann man sich aus dem Tal der Tränen wieder herauskämpfen.
Das bespreche ich heute in dieser Folge und schlage dazu immer wieder Brücken zu meinem Lieblingsverein dem BVB.
Sebastian Kehl ist enttäuscht und freut sich für Lars Ricken
Dass Lars Ricken den Vorzug vor Sebastian Kehl bekommen hat, ist ein Rückschlag für den Sportdirektor. Das gab er im Interview am Rande des letzten Spiels der Borussia gegen Leipzig auch offen zu. Bei Sky sagte er: „Im ersten Moment ist man natürlich auch ein Stück weit enttäuscht, ich glaube, das ist menschlich. Aber dann berappelt man sich kurz, und ich freue mich für Lars.“
Ich denke, es wäre unglaubwürdig, wenn er seine Enttäuschung nicht zum Ausdruck gebracht hätte. Zumindest hätte ich ihm das nicht abgenommen. Denn er wollte diesen Job ja wirklich haben.
Das hatte Kehl in der Sport1 Sendung Doppelpass auch so zum Ausdruck gebracht.
Erlebst Du als Führungskraft einen solchen Rückschlag, dann ist das nicht nur enttäuschend. Es bringt dich sicherlich auch zum Grübeln, wie Du von nun an arbeiten sollst:
- Mache ich einfach weiter?
- Schmeiße ich direkt hin?
- Verlängere ich meinen Vertrag oder höre ich regulär auf?
- Mache ich jetzt nur noch Dienst nach Vorschrift?
Eine Nicht-Beförderung hat Auswirkungen für Alle bei Borussia Dortmund
Die Auswirkungen einer solchen Entscheidung beschränken sich dabei nicht nur auf das mediale Echo. Aus meiner Erfahrung hat das auf im Innenverhältnis denkbare Folgen. Und das sind aus meiner Sicht:
- Weitere Konsequenzen: Folgen nach der Nicht-Beförderung weitere Konsequenzen, wie z. B. eine Kündigung?
- Leistungsbeurteilung: Die Leistung steht noch mehr im Fokus. Entscheidungen werden vor dem Hintergrund der Entscheidung hinterfragt.
- Kompetenzen: Inwiefern ändern sich meine Zuständigkeit und Verantwortung.
- Macht & Autorität: In der Position als Sportdirektor braucht man einen engen Draht zur Mannschaft. Inwiefern ändert sich dieses Verhältnis und schwächt ggf. die Verhandlungsposition bei Vertragsverhandlungen.
- Soziales Gefüge: Eine Nicht-Berücksichtigung führt auch dazu, dass Mitarbeiter sich anders Dir gegenüber verhalten. Auch in puncto Menschenführung keine einfache Situation.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen einem Sportdirektor eines Fußballvereins und einer „normalen“ Führungskraft sind natürlich die Diskussionen in der Presse und den sozialen Medien. Die sorgt natürlich dafür, dass ein Thema ständig wieder aufgerollt wird.
Das ist eventuell noch mit dem sog. Flurfunk zu vergleichen. Da tuscheln die Kolleginnen und Kollegen – oftmals hinter dem Rücken – der betroffenen Person. Das ist sicherlich auch unschön, aber definitiv nicht so intensiv in Gegenreaktion.
Bei Sebastian Kehl bzw. der Entscheidung von Borussia Dortmund kommt noch eine Stellschraube hinzu. Kehl bekommt nämlich einen alten Bekannten an seine Seite. Die Rede ist von Sven Mislintat. Er wird – wie Ricken – zum 01. Mai Technischer Direktor und bekommt die Aufgabe der Kaderplanung.
Das ist eine sehr herausgestellte Aufgabe, die für den Verein sehr bedeutsam sind. Diese Aufgabe wird ebenfalls nichts mehr allein vom Sportdirektor ausgeführt, auch wenn man erwähne muss, dass Sven Mislintat Sebastian Kehl unterstellt ist. Aber in den Medien wird Sven Mislintat nachgesagt, dass er kein einfacher Charakter sei und am liebsten selbst den Posten des Sportdirektors inne hätte.
Also jede Menge Sprengstoff.
BVB Gründe für die Bevorzugung von Lars Ricken
Ich möchte nun auf die Gründe schauen, warum ein Unternehmen oder deren Führungskräfte sich dazu entscheiden, eine bestimmte Person, die eventuell auch legitimer Nachfolger oder Nachfolgerin gewesen wäre, von einer Beförderung ausschließt.
Und Grund Nr. 1 liegt direkt auf der Hand:
Unzufriedenheit mit der Leistung: Auch Führungskräfte müssen Ziele erreichen. Da unterscheidet sich der Fußball nicht von anderen Managementpositionen. Ganz im Gegenteil.
Hinzukommt, dass im Fußball mit astronomischen Summen hantiert wird. Außerdem wird sehr schnell sichtbar, ob Du den Laden im Griff hast oder nicht. Das geschieht durch Siege, gute Spiele oder einzelne Spieler, die ihren Wert steigern.
Und in allen drei Aspekten gibt es beim BVB ein ständiges auf und ab. Und in diesem Jahr überwiegt eher das Ab. Wer die Fußballbundesliga verfolgt, der wird mitbekommen haben, dass der BVB in der Liga der Meistermusik hinterher läuft. Bayer Leverkusen hingegen hat das geschafft, was Dortmund seit mehr als 10 Jahren versucht und zwar Meister werden.
Das ist besonders ärgerlich, weil der BVB im vergangenen Jahr mehr als nur eine Hand an der Schale hatte und es auf den letzten Metern verspielt hat.
Das führt mich auch zu Grund Nr. 2:
Eine neue strategische Ausrichtung: Dieser Grund kommt immer dann ins Spiel, wenn die Konkurrenzsituation zu deinen Ungunsten ausschlägt und das Unternehmen Gefahr läuft, den Anschluss zu verlieren.
In Unternehmen gibt es dann eine neue Strategie, eventuell neue Produkte oder Dienstleistungen. Alte Zöpfe werden abgeschnitten und die Struktur verändert, damit man wieder schneller und innovativer wird.
Wenn Du als Führungskraft maßgeblich dafür Verantwortung trägst, dass es unter alter Flagge nicht zum Erfolg reichte, dann besteht die Gefahr, dass Du bei einer Neuausrichtung hinten rüber fällst.
Vielleicht ist die Beförderung von Lars Ricken auch einfach der strategische Wandel hinzu wieder mehr jungen Talenten, die Borussia Dortmund teuer verkaufen kann.
Also back tot he Geschäftsmodell. Ist das ein logischer Schritt: Oh ja.
Denn die Transfers von Borussia Dortmund änderten sich von eben diesen jungen und oft unbekannten Talenten, wie Erling Haaland oder Jude Bellingham, hinzu deutschen Nationalspielern, die obendrein auch teurer waren.
Ich möchte da aber einschieben, dass das Bittere bei diesem Argument ist, dass man dafür nie alleine verantwortlich ist. In vielen Momenten müssen ein paar positive Dinge zusammenkommen, damit dein Bereich wieder Fahrt aufnimmt.
Die Geschicke sind leider nicht immer durch das Individuum steuerbar. Im Sport sind es Verletzungen, Fehlentscheidungen, Pech oder einfach ein besserer Gegner. Und: Im Erfolgsfall hast du natürlich alles richtig gemacht! Es gibt im Sport sehr oft nur schwarz und weiß.
Grund Nr. 3:
Du hast kein Potenzial: Traurig aber wahr, es ist auch gerne möglich, dass man in dir einfach nicht mehr sieht. Deinen aktuellen Job machst du gut – vielleicht sogar besser – als es Konkurrenten tun – aber für mehr reicht es nicht.
Im Fall von Sebastian Kehl kann ich dazu keine Bewertung abgeben. Außer die aufbauenden Worte, dass man mit mehr Erfahrung im Management sehr wohl Potenzial entwickeln kann.
Der letzte Grund Nr. 4 kam bereits zur Geltung.
Der andere ist einfach besser! Auch hier kann ich nur mit dem Fernglas drauf schauen und wenn die öffentliche Präsenz ein Indikator für Leistung wäre, dann hätte Kehl sicherlich den Vorzug vor Lars Ricken bekommen sollen.
Aber: Die Erfolge sprechen für Ricken und somit hat er es durchaus verdient. Bevor ihr jetzt aufschreit und sagt: Seit wann ist ein guter Sportler auch ein guter Manager…
Es geht noch weiter. Lars Ricken hat nach seiner Sportlerkarriere studiert und durchlief das Traineeprogramm vom BVB. Will heißen: Er kennt die Strukturen. Er weiß, wie man beim BVB zu Entscheidungen kommt. Er kennt den Erfolgsdruck und kann ihn Stand halten.
Er hatte Zeit eigene Projekte zu entwickeln und umzusetzen, die nicht komplett abhängig von Sportlern sind, denen mein Schicksal völlig egal zu sein scheint.
Diese Erfolge kann Sebastian Kehl im Management nicht nachweisen.
Tipps gegen den Karriererückschlag
Jetzt ist dieser Podcast ja auch eine Art Ratgeber. Hier sind ein paar Tipps, wie man sich aus dem Tal der Enttäuschung wieder herausarbeiten kann.
Im ersten Schritt steht wie so oft die Selbstreflexion. Und ich möchte hinzufügen: eine kritische Selbstreflexion.
Darin solltest du deine Entscheidungen und Verhaltensweisen reflektieren und mal für dich bewerten.
- Welche Themen würdest du anders angehen?
- Wo hast du aber Erfolge nachzuweisen?
- In welchen Situationen würdest Du eventuell anders entscheiden und warum?
Darauf aufbauend gehört auch die Klärung der Frage, was dir im Beruf eigentlich wichtig ist. Das kannst du abwandeln oder koppeln mit der Frage: Wo willst du in X Jahren sein?
Neben dem Plan würde ich mich auch damit beschäftigen, warum dich die Beförderung so gereizt hat?
- Welche Elemente dieses Jobs waren so positiv, dass du sie auch im aktuellen Job stärker vorfinden möchtest?
- Und: Was ist an deinem jetzigen Job eigentlich positiv?
Ebenso würde ich nochmal ein Gespräch mit den Verantwortlichen suchen und um Feedback zur aktuellen Leistung bitten. Dein Antrieb sollte sein, die Leistung weiterhin hochzuhalten und eventuell sogar noch zu verbessern.
Aus diesem Grund ist es aber auch wichtig, ein Gespräch mit den neuen Verantwortlichen über deren Erwartungen und Vorstellungen zu führen. Das ist entscheidend für die Antwort auf die Frage, ob und wie Du deinen jetzigen Job eigentlich auskleiden willst.
Solche Gespräche sind natürlich nicht so einfach. Viel einfacher wird es, wenn Du mir eine Mail schreibst und wir in einem Coaching so etwas mal konkret vorbereiten.
Wenn Du bei einer Beförderung außen vor bleibst, dann ist das verletzend und enttäuschend. Und es ist verständlich, dass man sich aus diesem Tal erstmal herausarbeiten muss. Aber man kann aus dieser Erfahrung viel lernen, vor allem, wenn Du diese Entscheidung für dich aufarbeitest.
Sebastian Kehl hat im eben erwähnte Sky Interview geantwortet, dass er sein Ego zurück und sich in den Dienst der Mannschaft stelle. Ein nobler Ansatz.
Im Sommer muss dann sein neuer Chef mit ihm über einen neuen Vertrag verhandeln. Es bleibt also sehr spannend.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!