Der Auftraggeber blickt auf langjährige Erfahrungen in der Branche der Vergnügungsattraktionen zurück. Für diese Branche hegt er eine absolute Leidenschaft. Sein letzter Arbeitgeber bot ihm Zuge einer Restrukturierung einen Aufhebungsvertrag an, den mein Klient annahm. In diesem Aufhebungsvertrag wurde ein Coaching vereinbart, dass ihn bei der beruflichen Neuorientierung unterstützen sollte.
Im telefonischen Erstgespräch eruierten wir die aktuelle Gemengelage und seine Wünsche für ein Coaching. Das Erstgespräch dauerte rund 30 Minuten. Ein wesentlicher Vorteil für das Gelingen eines Coachings ist der eigene Antrieb des Klienten. Mein Auftraggeber war trotz der aktuellen beruflichen Situation mit großer Eigenmotivation dabei und sah das Coaching von Anfang an als Chance.
Für mich geht es im Kennenlernen darum, den möglichen Rahmen eines Coachings festzulegen. Dabei geht es primär um den zeitlichen Umfang und somit auch einen Kostenrahmen. In diesem Fall war sich mein Klient seiner Ziele bewusst und konnte diese auch klar benennen. Somit ergab sich ein Coachingauftrag von drei Sitzungen, in denen wir jeweils ein Ziel konkret bearbeiten wollten. Die Ziele waren:
- Reflektion der persönlichen Motive und Merkmale der Arbeitszufriedenheit
- Klärung beruflicher Möglichkeiten und Optionen
- Analyse und Konkretisierung der nächsten Schritte
Die Formulierung von Zielen ist das A und O erfolgreicher Coachings. Bleibt dieser Schritt aus oder wird nicht ausreichend behandelt, kommt ein Coaching und somit auch jede eingesetzte Intervention an eine natürliche Grenze. Dabei ist es allerdings vollkommen normal, die besprochenen Ziele zu überdenken und dem Coaching eine neue Stoßrichtung zu geben.
Sitzung: Standortbestimmung – Stärken sichtbar machen und für Zukunft nutzen
Als Grundlage und zum besseren Verständnis bestand das Ziel der ersten Sitzung darin, den Klienten und seine beruflichen Stationen besser kennenzulernen. Zu diesem Zweck wurde eine Veränderungsbiografie erarbeitet.
Die Veränderungsbiografie ist auch unter dem Namen „Ereigniskurve“ bzw. „Fieberkurve“ in systemischer Therapie und Coaching im Zusammenhang mit der Biografiearbeit bekannt. Beim Einsatz der Ereigniskurve wird die Themenhoheit dem Interviewer entzogen und dem Gesprächspartner, der aus seiner Erinnerung erzählt, gegeben. Denn die Ereigniskurve legt die Themen fest, die im anschließenden Gespräch behandelt werden. Diese Visualisierung dient als Auftakt für eine Erinnerungsarbeit an positive und negative Erlebnisse in der Vergangenheit und liefert ein Verständnis für den Umgang mit Veränderungen.
Sitzung: Berufliche Optionen spürbar machen mit dem Orientierungskompass
Das Ziel der 2. Sitzung bestand darin, die bis dato erhaltenen beruflichen Optionen zu ordnen, ihnen gedanklich zu folgen und mit den eigenen Vorstellungen im Hinblick auf die persönlichen Stärken und Schwächen, die Werte und die wichtigen Merkmale der Arbeitszufriedenheit zu beleuchten. Aus diesem Anlass wurde ein Orientierungskompass erarbeitet. Dieser Kompass hatte die Himmelsrichtungen Selbständigkeit, Weiterbildung, Projekte, Entkopplung „Alte Zelte abbrechen“. Der Orientierungskompass ist eine Abwandlung vom sog. Tetralemma.
Das Tetralemma ist eine reine Entscheidungsaufstellung, die in dieser Form eine Entscheidung zwischen zwei Optionen ermöglicht: A oder B, Ja oder Nein, Dies oder Das. Ob es sich dabei um berufliche, persönliche oder private Fragestellungen handelt, ist völlig unerheblich. Das Instrument kann bei jeder Form der Entscheidungsfindung eingesetzt werden, bei der es um die Wahl zwischen A oder B geht.
Der Einsatz ist dann sinnvoll, wenn der Klient berichten kann, dass er die Optionen in allen Varianten mehrfach durchdacht und mit anderen mehrfach besprochen hat, dennoch immer noch keine Entscheidung fällen kann.
Im zweiten Schritt hat mein Klient die einzelnen Richtungen näher erläutert und mit Optionen bestückt. Außerdem wurden die Vor- und Nachteile erörtert.
Warum war diese Intervention hilfreich?
Mein Klient war in der Position, bereits viele Anfragen und berufliche Optionen erhalten zu haben. Diese Möglichkeiten waren sowohl branchen-nah als auch branchen-fern. Seine Kompetenzen mal mehr mal weniger gut ausgeprägt. Hinzukamen die eigenen Gedankenspiele, die bis dato noch nicht strukturiert erfasst worden sind und im Unterbewusstsein das Handeln beeinflussten.
Das Tool soll den Klienten von der rein mentalen, rationalen Ebene wegführen. Eine erneute Abwägung von Vor- und Nachteilen hilft ihm nun nicht mehr weiter. Jetzt geht es um die Körperfühlebene: Der Klient wird dazu gebracht, im Körper zu spüren, was für ihn richtig ist. Mit dem Kompass als Bodenanker-Übung erhält der Klient ein unmittelbares Feedback über seine somatischen Marker, die das körperliche Signalsystem aktivieren und dem Klienten spürbar machen, was richtig bzw. falsch ist. Unbehagen oder Anspannung weisen demnach darauf hin, dass eine imaginierte Situation mit den Bedürfnissen und Motiven des Klienten nicht kompatibel ist.
Darauf aufbauend konnte eine erste konkrete Idee für die berufliche Zukunft entwickelt werden. Die Idee zum Aufbau einer Selbständigkeit als Problemlöser für Kunden im Freizeitgewerbe sollte als Hausaufgabe im ersten Schritt genauer erarbeitet werden.
Sitzung: Nächste Schritte konkret reflektieren
In der 3. Sitzung diskutierten wir zunächst den aktuellen Stand der Überlegungen für eine Selbständigkeit. Da es sich bei der Gründung um ein Projekt handelt, in dem mein Klient aufblüht, waren die Tage nach dem 2. Coaching durch viele Gedanken und Ideen geprägt. Diese galt es nun zu strukturieren und in umsetzbare Bahnen zu lenken. Eine Kernfrage der 3. Sitzung war: „Wie wollen Sie Geld verdienen?“
Diese Sitzung zeigt die Rollenvielfalt als Coach. Im ersten Teil der Sitzung ging es nicht nur darum, den Reflexionsprozess beim Klienten anzustoßen, sondern auch darum als Fachexperte zu agieren und auf Unklarheiten und zukünftige Fallen hinzuweisen. Diese Rolle setzt ein Vertrauensverhältnis voraus, sodass Feedback beim Klienten auch als das aufgefasst wird, was es ist: Hilfe zur Selbsthilfe.
Zur Konkretisierung wurde mit Hilfe eines Brainstormings eine Jahresplanung vorgenommen, die Aufschluss über den Zeitbedarf im Rahmen der Selbständigkeit gibt. Hierzu wurden die unterschiedlichen Stoßrichtungen mit einer groben Kapazitätsplanung versehen und auf die Quartale verteilt. Meinem Klienten wurde deutlich, dass sowohl eine stärkere Produktorientierung und eine Abkehr vom Verkauf von Zeit erfolgen müssen.
Im weiteren Verlauf der Sitzung kristallisierten sich aber greifbare Dienstleistungen heraus, die mein Klient eigenständig ausarbeiten konnte, um sie im Markt anzubieten. Mit Hilfe der Festlegung konnte auch eine erste Indikation i. H. a. eine mögliche Preisfindung seiner Dienstleistungen und Produkte vorgenommen werden. Das trug dazu bei, ein Gefühl für die Tragfähigkeit der eigenen Geschäftsidee zu erhalten.
Mit diesem Aspekt schlossen wir das Coaching ab. Mein Klient arbeitete in Eigenregie weiter an seiner Gründungsidee, die er nun seit mehreren Monaten erfolgreich im Markt platziert hat.
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