Wenn ich an meine Coachingsitzungen zurückdenke, dann war die besonders erfolgreichen Sitzungen die, in denen es eine Art Aha-Moment gab. Also eine Sitzung, in der dem Klienten auf einmal alles klar war. Die dunklen Wolken waren verflogen und die Ziele angepackt werden konnten.
Coaching ist ein sehr beliebtes Instrument in der Personalentwicklung. War es früher noch ein Incentive, das man hauptsächlich dem Top-Management zukommen ließ, so ist es heute immer mehr ein Instrument für alle Hierarchieebenen oder Mitarbeiter.
In der heutigen Folge gehe ich der Frage nach, wann Coaching denn nun wirklich ein gutes Instrument ist.
Hilfe zur Selbsthilfe ist wichtige Säule
Schaut man nach Definitionen kommt ein Begriff schnell ins Spiel: Coaching ist Hilfe zur Selbsthilfe. Es ermöglicht die Entwicklung von individueller Lösungskompetenz, in dem es die Selbstreflexion und -wahrnehmung, das Bewusstsein und die Verantwortung fördert.
Allein in dieser kurzen Definition zeigen sich wichtige Bestandteile, die man mal genauer anschauen muss.
Zuerst wäre da:
- Hilfe zur Selbsthilfe und individuelle Lösungskompetenz: Das bedeutet, dass ein Coach nur den Klienten begleitet und berät und dabei mit den Inhalten arbeiten muss, die der Klient mitbringt. Ein Beispiel: Eine Klientin fühlt sich unglücklich im Job, weil die Führungskraft sie nicht wertschätzt. Das wird beispielsweise daran deutlich, dass die Klientin bei der Übernahme eines Projekts übergangen wurde.
- Ein Coach kann in diesem Setting nur damit arbeiten, was die Klientin mitbringt. Das betrifft nicht nur die Informationen, die man erhält, sondern insbesondere auch das Ziel, dass die Klientin sich setzt.
- Ein Coach klärt also nicht die Frage, ob die Führungskraft sich hier richtig oder falsch verhält.
- Ein Coach versucht den Blickwinkel auf diese Situation zu verändern (Perspektivwechsel) oder mit der Klientin Wege zu formulieren, mit dem Thema Wertschätzung besser umzugehen.
- In einem Coaching passiert es eher selten, dass der Coach ausschweifend erklärt, wie man damit umgeht. Die Ideen kommen von der Klientin selbst und begrenzt sich somit ganz individuell.
- Bestandteile Reflexion, -wahrnehmung, Bewusstsein und Verantwortung
- Coaching fördert Selbstgestaltungspotenziale, d. h. die Klientin trägt die Lösung immer mit sich.
- Indem ein Coach Fragen stellt, die Klientin über die Situation nachdenkt und neue Erklärungen erhält, entsteht ein anderes Bewusstsein für das Problem und somit auch eine veränderte Wahrnehmung der Verantwortung.
Du siehst, dass Coaching ganz viel Veränderungen anstoßen kann. Das bedeutet aber auch, dass Du es mit Bedacht wählen oder anbieten solltest. Solltest du also überlegen, deinem Mitarbeiter ein Coaching zu ermöglichen, achte auf folgende Stolperfallen, die ein Coaching schwierig machen.
- Deinem Mitarbeiter fehlen Kompetenzen: Es ist nicht die Aufgabe, allgemeine oder spezifische Kompetenzen zu vermitteln. Dies geschieht in Seminaren und Trainings.
- Dein Mitarbeiter hat keine Ambitionen etwas zu verändern: Kein Coaching ohne Auftrag. Möchte der Mitarbeiter nicht an sich arbeiten, ist es verschwendete Zeit – für beide Parteien.
- Die Themen deines Mitarbeiters sind grundlegender Natur: Coaching zielt nicht darauf ab, grundlegende oder gravierende Schwierigkeiten, die in der Persönlichkeit oder Biografie begründet sind, zu verändern. Dies ist Aufgabe der Psychotherapie.
- Dein Mitarbeiter braucht jemanden, der ihm sagt, „wie es funktioniert“: Das ist eher die Aufgabe für dich als Führungskraft. Coachs geben Ihren Klient*innen keine Ratschläge, sondern befähigen Ihre Klient*innen durch Fragen, Übungen und strukturierte Selbstreflexion dazu, eigene und umsetzbare Lösungsalternativen zu entwickeln
Und dennoch ist Coaching wirksam. Das hat eine Metaanalyse u. a. von Prof. Dr. Erik de Haan (Universität Amsterdam) ergeben. Coaching hat positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden, die Fähigkeiten am Arbeitsplatz und die Zielerreichung. Die Klienten fühlen sich besser, weniger gestresst. Aber es gibt auch arbeitsbezogene Effekte. Sie sind besser vorbereitet und erreichen eher ihre Ziele.
Das erfordert also einen Klienten, der bereit für Selbstreflexion, Perspektivwechsel und am Ende auch für eine Lösungsorientierung ist. Ein gutes Coaching lebt davon, sich auf Gedankenanstöße anzunehmen, die beim ersten Hören kurios erscheinen.
Im Beispiel von eben, wäre es eine berechtigte Frage, ob es weitere Gründe für die Führungskraft gäbe, die Klientin für das Projekt nicht zu berücksichtigen. Darauf muss man sich einlassen und die Perspektive des Anderen wirklich einnehmen wollen.
Die Rauen-Coaching-Marktanalyse zeigt, welche Themenschwerpunkte im Coaching gesetzt werden.
Rang | Thema | Anteil an allen Coachings in Prozent |
1 | Reflexion der eigenen Führungsrolle | 15,24 |
2 | Konfliktmanagement | 12,43 |
3 | Persönlichkeitsentwicklung | 8,83 |
4 | Entwicklung Führungskompetenz | 7,74 |
5 | Berufliche Neuorientierung | 7,5 |
6 | Potenzialanalyse und – entwicklung | 6,61 |
7 | Work-Life-Balance | 5,77 |
8 | Karriereentwicklung | 5,47 |
9 | Stressmanagement | 3,55 |
10 | Kommunikationsverhalten | 1,92 |
Du siehst:
- Spitzenreiter ist die Reflexion der eigenen Rolle.
- Welche Entscheidungen habe ich wie getroffen und wie wirkt diese sich aus?
- Wo führe ich und wo werde ich geführt?
- Inwiefern mache ich den Führungsjob so, wie ich ihn mir vorstelle? (Hier auch Kommunikationsverhalten)
- Persönlichkeitsentwicklung oder Potenzialanalyse und -entwicklung
- Das beinhaltet ebenfalls einen Reflexionsprozess und das Erarbeiten neuer Ziele
- Work-Life-Balance oder Stressmanagement à Wie komme ich mit der Belastung klar? Wie bekomme ich alles unter einen Hut
Ich fasse nochmal zusammen
Coaching ist ein wirksames Instrument für dich als Führungskraft und für deine Mitarbeiter. Es ist dann sinnvoll, wenn der Klient oder die Klientin aus eigenem Antrieb ein Anliegen bearbeiten will. Coaching arbeitet daran, dass die persönlichen Lösungskompetenzen gestärkt und ausgebaut werden. Coaching ist nicht geeignet, um Defizite bei den Kompetenzen zu beseitigen. Besonders gut eignen sich Themen, die hohe Reflexionsarbeit erfordern.
Aber nun zu Euch. Was macht Coaching aus Eurer Sicht wirksam?
Schreibt mir eure Erfahrungen zum Coaching per Mail oder als Kommentar. Ich freue mich auf eure Nachrichten.